Reisebericht aus Nicaragua

Wussten Sie, dass...

...die Kaffeepause bei der Post erfunden wurde. Um 1800 nutze man den Pferdewechselzu einer schnellen Tasse Kaffee. Blies der Postillion dreimal ins Horn ging die Fahrt weiter.

Weitere Fakten...

Reisebericht aus Nicaragua

„Haben Sie auch Kaffee aus Nicaragua?“ ist meine Frage, die ich bei meinem ersten Besuch in der neu eröffneten „Dill´s Kaffeerösterei“ im November 2013 stelle. Eine Kaffeerösterei in Goslar? Das ist ja mal was!! Und tatsächlich wird hier neben Kaffee aus Brasilien, Äthiopien, Kolumbien und anderen auch welcher aus Nicaragua angeboten.

Bei meinem zweiten Besuch lässt es die Kundschaft es glücklicherweise zu, dass wir uns ausgiebig unterhalten können. Die Begeisterung von Herrn Dill zur Bohne aus dem mittelamerikanischen Land erfreut mich; er zeigt mir die Beschreibung über die Frauen-Kooperative, die den Kaffee im nördlichen Jinotega produziert, die etwas leichteren 30kg- Säcke in seinem Büro und vor allem den Unterschied der Bohnengröße  im Vergleich zur äthiopischen Bohne, die viel kleiner ist.

Danach erzähle ich, warum ich solch ein Interesse an nicaraguanischem Kaffee habe: Ich habe sechs Jahre dort gelebt und bin nun nur noch in den Wintermonaten dort. In einer Woche werde ich wieder aufbrechen.

Es stellt sich heraus, dass meine heutige Begleitung, ein Freund aus Nicaragua, der in Berlin lebt, sogar aus Jinotega stammt und sein Bruder bei der Kooperative einmal gearbeitet hat. Es entsteht die Idee, das Ehepaar Dill mit den Kaffee-Frauen zu verbinden.

Ich möchte mit Fotos von hier, wie es hier ausssieht, wo ihr Kaffee Endstation hat und genossen wird, nach Jinotega fahren.

Dann mache ich dort ebenfalls  Fotos und bringe sie hierher…. Eine Verbindung des Produzenten und Konsumenten. Das Ehepaar Dill ist ebenfalls von der Idee begeistert … gesagt, getan, Fotos gemacht.

Nachdem ich meine erste Reisegruppe durch das Land geführt habe, nehme ich mir Ende Dezember Zeit und fahre gen Norden. Es ist Erntezeit und schon vom Bus aus kann ich bei Matagalpa die vielen Trockenplätze sehen. Der Kaffee wird in NIC zu 100% an der Sonne getrocknet. Normalerweise ist es ab Anfang November sonnig, dann gibt es einen letzten Reifeschub für den Kaffee und es kann geerntet, enthäutet und getrocknet werden. Der Klimawandel scheint in Nicaragua auch angekommen zu sein: durch die verschobene Regenzeit fängt die Ernte viel später an, das Trocknen wird zum Problem. Der Kaffee liegt nun eingewickelt und geschützt in schwarzen Plastikplanen.

Anfang des Jahres 2013 wurden die Kaffeeplantagen in Nicaragua und anderen mittelamerikanischen Ländern von einem Pilz, namens „Roya“ heimgesucht. Dieser Pilz verbreitet sich mit dem Wind, weswegen er schwer zu einzudämmen ist. Er behindert die Photosynthese der Pflanze, wodurch letztlich die Ernte viel geringer ausfällt. Es wird für die aktuelle Saison von einem Verlust bis zu 35 % gesprochen.

Es gibt mehrere Qualitätskontrollen nach der Ernte:

        beim Waschen (nach dem Schälen der Kaffeekirsche - "desempulpar") schwimmen die mangelhaften Bohnen oben und können abgeschöpft werden

        beim Vortrocknen werden Bohnen mit Schalenresten und sichtbaren Makeln per Hand aussortiert

        nach dem Trockenen wird das Silberhäutchen per "Rüttelmaschine" und Luftabzug entfernt und der "Rohkaffee" (Café Oro - Goldcafe, war wertvoll wie Gold) auf äußere Makel geprüft und per Hand sortiert

        dieser Rohcafe wird anhand von Proben der einzelnen Anbauparzellen nach dem Rösten, Mahlen und Aufbrühen auf Geruch,  Aroma und Geschmack getestet, geprüft und bewertet (catación)

Obwohl ich unangemeldet in der Verwaltung der Kooperative Aldea Global auftauche, bekomme ich vom Leiter Warren Armstong Telefonnummern und Adressen einiger Mitgliederinnen des Kaffeeprojektes "Flores del Café". Ich fahre mit dem Bruder meines Berliner Freundes auf dem Motorrad eine Stunde weiter nördlich, ca. 40km. Es wird empfindlich kalt bei Höhenlagen um 1000 - 1400m. Wir haben Glück und werden freundlich von dem Ehemann von Lucila Blandon, die wir treffen wollten, empfangen. Gern zeigt er uns die beiden getrennten Plantagen von ihm und seiner Frau: sie pflanzen verschiedene Kaffeebäumchen der Arabica-Sorte an: Catuai, Caturra, Catimor, Burgon. Im Gespräch erzählt er, dass sie sich, trotz der anstrengenden Arbeit und den Problemen dieser Saison jeweils in ihrem Projekt gut betreut und aufgehoben fühlen. Er selber gehört einer anderen Kooperative an.

Bei meinem zweiten, angemeldeten Besuch im Februar 2014 treffe ich schließlich Lucila Blandon und Javier Lopez, den technischen Leiter von Aldea Global. So erfahre ich mehr über die Strukturen der Kooperative, die außer Kaffee auch Gemüse produziert und vermarktet. Das Projekt der Frauen ist besonders erfolgreich und dynamisch. Durch die Unterstützung, die sie z.B. bei der Finanzierung von Land, neuer Pflanzen oder Geräte erfahren, entwickeln sie viele kreative Ideen und eine fröhliche Gemeinschaft, die sie zusammenhält. Sie werden auf Seminaren kostenfrei geschult, wenn es um Produktion und Vermarktung geht und eingeladen, wenn es um Aktivitäten, Gemeinschaft und Umsetzung von Ideen geht. Ein wichtiger Punkt ist die Stärkung des Selbstbewusstseins der Frauen und durch die Eigenständigkeit ggf. eine finanzielle Unabhängigkeit innerhalb der Familie. Im neuen Jahr wird der Kaffee unter dem Namen "Tierra Madre" vermarktet. Die Frauen erhalten US$ 7,-mehr je 30kg- Sack!

Noch einmal mehr wird mir bewusst, wie wichtig es ist, Kooperativen/ Projekte zu unterstützen, in denen der Kaffee mit Liebe gehegt und gepflegt wird und vor allem Lebensqualität schafft - für uns ist es nur der Unterschied von wenigen Cents - für sie der Unterschied von Überleben zu Leben bzw. von Fremdbestimmung zu etwas mehr Eigenständigkeit.

Alle Beteiligten fanden die Idee der Verbindung als gelungen und freuen sich auf weitere Kontakte in der Zukunft - wer weiß, vielleicht kommen wir ja einmal zur Kaffeeernte nach Jinotega?

Mit vielen einigen neuen Erlebnissen und Ideen im Koffer nehme ich zwei Tage später den Flug zurück und freue mich auf einen frisch gemahlenen und gebrühten Kaffee aus Nicaragua bei Dills!

Weitere Fakten:

        Aldea Global 1992 gegründet

        2002 compraron beneficio

        Säcke kommen aus El Salvador

        4 Container verschifft - 800x 69 kg (normale Sackgröße)

        500 Frauen sind an "Flores del Café" begünstigt

        movimiento de mujeres 4000 mujeres - Lucila Blandon - 1 vocal